Amazon plant eigene Bücher zu verlegen. So schreibt es zum Beispiel Golem: “Amazon wird zum Verlag“. Mir bekannte Autoren begrüßen diesen Schritt und halten ihn für längst überfällig. Nicht unbedingt weil sie in Amazon den besseren Verlag oder den faireren Geschäftspartner sehen. Vielmehr mögen sie den Gedanken, dass die Klasse der klassischen Verlage Konkurrenz bekommt und in einen systemischen Wettbewerb treten muss.
Wie jede andere Branche auch, müssen Verlage der Gesellschaft die Frage nach der eigenen Nützlichkeit beantworten. Können die Aufgaben eines Verlages wie das Lektorat, der Vertrieb, die Betreuung und Vermarktung der Autoren wirklich nur von diesem “klassischen” Verlag ausgeübt werden? Oder kann in Zeiten der Vernetzung und Digitalisierung von “Allem”, diese Aufgaben nicht vielleicht sogar besser von Anderen ausgefüllt werden?
Wie auch immer die Antwort auf diese Fragen lautet, Leser freuen sich immer über ein besseres Preis-Leistungsverhältnis, über höhere Qualität, über mehr Mitbestimmung, über einen direkteren Draht zum Autor… und Autoren freuen sich über höhere Gewinne. Und alle freuen sich über höhere Transparenz im Markt, über mehr eigene Kontrolle. Wirklich alle? Nun ja, die klassischen Verlage wohl nur dann, wenn sie in dieser Gleichung noch vorkommen.
Dies ist absolut möglich. Man darf sich nur nicht mit Händen und Füßen gegen den Fortschritt wehren, sondern sollte ihn umarmen. Die erfolgreichen Strategien werden diejenigen sein, die flexibler, schneller, beweglicher und innovativer sind als Amazon es je sein kann. Die näher an die Menschen kommen, die Bücher entsprechend dem jeweiligen Lesebedürfnis in Kontexte einbetten. Und die, die Autoren wie Kunden fair behandeln.
Ein Lernerfolg sollte aber jedem Unternehmen in jeder Branche aus dieser Situation erwachsen: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis das Netz mit seinen Effekten jede, aber auch wirklich jede andere Branche ebenfalls umpflügen wird… Die Rolle des Mittelsmannes wird dabei genauso zur Debatte gestellt werden, wie alle Formen von Expertentum.