Einfluss: Netzwerke

Dieser Artikel ist Teil 2 der angekündigten kleinen Serie, die das Thema “Einfluss in einer vernetzten Gesellschaft” durchleuchtet. Teil 1 ist am 27.09.2011 unter dem Titel “Einfluss: Personen” erschienen. Dieser Teil beginnt, wo der erste endete:

Zweitens
Jeder Mensch ist Gatekeeper des einen, Repräsentant eines anderen Netzwerks oder nimmt eine der weiteren möglichen Rollen in Bezug auf unterschiedliche Netzwerke ein. Diese Netzwerke sind und waren schon immer: Familien, Abteilungen, Unternehmen, Vereine, Parteien, Schulkassen usw.
Doch die Möglichkeit, Netzwerke digital abzubilden und in jede Lebenssituation zu integrieren, verändert die Netzwerke selbst.

Eine Auflistung von “größer, schneller, weiter” reicht nicht aus, den Genotyp der Netzwerkgesellschaft zu beschreiben. Bringt doch die Digitalisierung völlig neue Typen und Klassen von Netzwerken hervor, die ohne das Internet nicht möglich wären. Dies ist zum Beispiel die Möglichkeit, in Realzeit Interessensnetzwerke zu bilden oder aufzulösen.

Darin entstehen z.B. folgende Szenarien:

Szenario: Identitätslose Netzwerke
Unsere aktuellen gesellschaftlichen Mittel zum Umgang mit Netzwerken greifen häufig zu kurz. Wir definieren Netzwerke über eine Identität oder Marke, die sich durch die gemeinsamen Zugehörigkeit, Absichten, Rituale, politische Ansichten oft einhergehend mit ähnlichen psychologischen Mustern der Teilnehmer definiert. Eine Extremform der Vernetzung ist die Möglichkeit für Jedermann, Teil identitätsloser Netzwerke zu werden.

Vereine kann man verbieten, weil sie eine verfasste Form inne haben. Unternehmen kann man regulieren, weil sie eine klare Abgrenzung inner und äußerer Netzwerke bedingen; diese klassischen Formen sind durch ihre Resilienz und/oder ihre Statik (Struktur, Hierarchie, opake reine Strategien, …) angreifbar. Doch wie geht man mit spontanen Netzwerken um, die mehr sind als ein Flash Mop?

Die Digitalisierung aller Informationen macht die Bildung von spontanen Kontexten in Realzeit möglich. Genau die 33 Kunden eines Unternehmens, die genau ein besonderes Anliegen in genau einem spezifischen Moment haben, können sich finden und als Gruppe für Minuten in Erscheinung treten: Sie fordern ihren Wunsch gemeinsam ein, ohne sich zu kennen oder weitere Interessen miteinander zu haben.

So entsteht ein Nachfrage-Longtail, dessen kleinste Einheiten wirkmächtiger sein können, als die großen.

Frühe Formen und erste (sehr einfache) Geschäftsmodelle zu dieser Idee gab es bereits Ende der 90er zum Beginn der DotCom-Blase.

Informationelle Schwerefelder zur Bildung spontaner Netzwerke
Mit dem “Jederzeit-Zugriff” auf immer mehr Informationen wandelt sich die Aufgabe von Suchmaschinen. Neben dem Finden von spezifischen Informationen bekommt das Finden von Mustern und Aufzeigen von Kontexten eine besondere Bedeutung (siehe dazu auch das Thema “Unternehmensberatung: Kontexte“).

So kann das Potential Einfluss ausüben zu können, selbst zu einem algorithmischen Auslöser werden, dass Netzwerke sich bilden und wieder zerstreuen.

Was für Daten sind notwendig, dies in einer Software abbilden zu können, die von sich aus Personen und Situationen vernetzt, auf das möglichst wirkmächtige Netzwerke zur Erfüllung konkreter Zwecke entstehen?

Notwendig ist sehr viel Wissen über Personen, ihre Gewohnheiten, ihre Fähigkeiten, ihre Verbindungen zu anderen Personen und deren Metadaten (…), das Wissen über die aktuelle Situation in der eine Person und ihre natürlichen Netzwerke sich befinden (…). All dieses Wissen ist implizit längst digitalisiert vorhanden: Facebook, XING, Linkedin, Twitter, 23andme…

Netzwerke als Märkte
Jedes Netzwerk, egal ob groß oder klein, egal ob natürlich oder spontan, stellt jedoch einen Markt dar. Betrachtet man den Gesamtmarkt als ein Meta-Netzwerk hinter zahlreichen Netzwerken, ergeben sich neue Blickwinkel und Handlungsoptionen gegenüber der klassischen Analyse von Märken. Letztere wird dadurch nicht abgelöst, sondern vielmehr um einen sehr wirkungsmächtigen Aspekt ergänzt.

Im ersten Schritt gilt es zu identifizieren:

Die Antworten auf diese und weitere Fragen erlauben die Überprüfung der eigenen Einfluss-Strategie. In einem persönlichen Kontext hat diese einen Schwerpunkt bei der Identifizierung der interessanten Netzwerkknoten…

Für Unternehmen
… für Unternehmen bedeutet dies aber, die Charakteristika, Psychogramme (…) nicht (nur) von Repräsentanten der Zielgruppe, sondern vielmehr von den “Personas” zu identifizieren, die die für die Unternehmensstrategie relevanten Positionen (oder Sub-Netzwerke) in den relevanten Netzwerken inne haben. Und zwar so verallgemeinert, dass dies ohne Kenntnis des tatsächlichen einzelnen Netzwerks “funktioniert”.

Das bedeutet, klassische Personas zu erweitern:

  1. Integration der Netzwerkposition(en) in eine Persona
  2. Analog zu Personas die Bildung von typischen Netzwerken

… so sinnvoll es ist, Netzwerktheorie in die Strategien der Unternehmenskommunikation mit einzubeziehen, so ist es umso bedeutsamer und wirkungsvoller, die Strategien des Unternehmens selbst auf höchster Ebene an den Fragen zu messen, die Netzwerke im 21. Jahrhundert stellen.

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