Die Bedeutung von Identity Services

Aufregende und aufgeregte Diskussionen gab es, weil User Google Plus ausschließlich mit ihrem richtigen Namen verwenden dürfen. Dabei sind Pseudonyme im Netz mehr als beliebt. Warum stellt Google sich gegen diesen Trend? Und welche Bedeutung hat dies für Unternehmen?

In einem Interview vor wenigen Wochen, erklärt Eric Schmidt, Chairman von Google, einige der Hintergründe. Dabei sagt er den wichtigsten Satz direkt zu Beginn: “Google+ was meant to be an identity service“. Was mich an den Science-Fiction Roman “Glashaus” von Charles Stross denken ließ: Die Regierungen der in diesem Roman skizzierten, utopischen Welt haben sich wesentlich auf 4 Aufgaben zurück gezogen: 1) Nachweis der Identität einer Person, 2) ein einheitliches, eineindeutiges Zeitsignal, 3) die Regelung des Tauschens von Werten und 4) die Bereitstellung des “Internets”.

Ob Stross hier von Google oder Google von Stross inspiriert, oder ob dies nur eine zufällige Übereinstimmung ist, spielt keine Rolle. In einer Welt, in der wir zunehmend alles miteinander vernetzen, was nicht Niet-und-Nagelfest ist, ist die Feststellung von Identitäten eine mächtige Idee.

Dabei darf nicht vergessen werden, dass es zahlreiche, gewichtige politische Gründe für Idee und Praxis der Anonymität gibt. Und es gehört nicht viel Phantasie dazu, sich die exorbitanten Möglichkeiten des Missbrauchs vorzustellen, der beim Heben der Datenschätze in den Tiefen diverser Datenbanken lauert.

Gerade deswegen ist ein gesellschaftlicher Diskurs, wie und zu welcher Zeit, nach welchen Regeln eine Identitätsverifikation in der totalen Vernetzung sinnvoll ist, dringend notwendig. Dieser Diskursbedarf macht jedoch nicht vor den Mauern von Unternehmen halt. (Einen interessanten Gedankengang gibt es dazu auch im “Differentia”-Blog von Klaus Kusanowsky und bei Netzpolitik findet sich ein offener Brief an Google zu dem Thema)

Auswirkungen für Unternehmen
Für Unternehmen, Corporate Publisher, Verlage und Medien ist diese Entwicklung von großer Bedeutung. Auch wenn wir gerade erst ihren Anfang erleben. Schon heute zeigt Google mir in meinem Suchergebnis, welcher Eintrag dort von welchem meiner Freunde und Bekannten gemocht wird. Mit einem kleinen Bild des “Freundes” dabei.

Dies wirft die Grundgesetze des SEO vollständig durcheinander.

Die Reputation meiner eigenen Netzwerke legt sich transparent über die Datenwelt, die ich bei Google vorfinde. Und damit legt sie sich über Marken, Produkte und Unternehmen – genauso wie über Nachrichten, Parteien und deren politische Aussagen. (Im Kontext sehenswert: “The Filter Bubble”, von Eli Pariser.)

Chancen & Risiken
Für Unternehmen stecken gewaltige Chancen und ebenso große Risiken in dieser Entwicklung. Die Themen Markenentwicklung, Identitätsmanagement, Reputationsmanagement, Corporate Publishing, Werbung, PR und Marketing müssen diese neuen Technologien integrieren.

“Social Media Guidelines” werden zu überlebenswichtigen Werkzeugen für Unternehmen.

Eines der Risiken ist jedoch, diese Technologien nur als “Tools” zu begreifen. Vielmehr sind sie angewandte und extrem konkrete Netzwerktheorie, Spieltheorie und Soziologie, die durch die rezipierenden Kulturkreise dekliniert werden muß. Die Kommunikation von Unternehmen sollte dem nicht “unbewaffnet” gegenüber stehen. Vielmehr gilt es, rechtzeitig Szenarien, Prozesse und Strukturen zu entwickeln. Insbesondere wird das Thema “Empowerment” damit zu einem strategischen Baustein.

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