Zur Relevanz der Relevanz

Ausgehend von einer aktuellen Studie von Microsoft Research und der Carnegie Mellon University gab es einen kleinen Diskurs auf Facebook, der mich zu der Frage der Relevanz der Relevanz führte, den ich hier kurz verdichten möchte.

1. Relevanz ist ein Bezugssystem
Zahlreiche Tools, wie etwa Klout, versprechen dem Ego seinen Wert in der Gesellschaft zu messen. Dem Ego von Personen genauso wie dem von Unternehmen oder Marken. Ohne die interessanten Seiten von Klout zu minimieren, bleibt doch zu erwähnen, dass Relevanz ein mehrdimensionales Bezugssystem ist. Der Versuch der Komplexitätsreduktion dieses Systems ist statthaft, kann aber für Personen zu einer Fehldeutung ihrer selbst und für Unternehmen zu einem erheblichen wirtschaftlichen Risiko werden.

Da eine allgemeine formale Taxonomie für Relevanz nur im konkreten Bezugssystem und Kulturkontext einer Person oder eines Unternehmens ohne sehr große begriffliche Ungenauigkeit zu definieren ist, zeige ich hier nur die Hürde. Springen muss dann jeder Aufmerksamkeitsathlet selbst.

Die Frage sollte nicht lauten: “Wie relevant bin ich?”, sondern:

Wie relevant sind meine Kommunikationsakte im Kontext welchen Themas, welcher Situation, welchen Netzwerks, welchen Zwecks […] für jemanden – und wie relevant ist dies wiederum für mich (… im Kontext von den Netzwerken deren Teil ich bin und den Netzwerken, deren Teil ich nicht bin… usw. usf.)

2. Anschlussfähigkeit vs. Relevanz
Nachhaltiger Wertschöpfung steht die umgangssprachliche Verwendung des Begriffs Relevanz daher manchmal ob ihrer Unterkomplexität eher im Wege. Eine gute Übungsaufgabe ist es daher, eher über die Anschlussfähigkeit der eigenen Kommunikationsakte im Rahmen der (direkt oder indirekt) erreichbaren Bezugsgruppen nachzudenken.

3. Warum Klout trotzdem wichtig ist
Klout ist trotzdem wichtig. Nicht weil es eine tiefere Wahrheit über jemanden offenbaren könnte; sondern weil es ein Konzept für die digitale Welt enthält. Wenn alle Kommunikationsakte zunehmend digital werden, wenn alle Informationen der Welt zu digitalen Daten und damit zu potentiellem Wissen von jemanden werden (ob Mensch oder Maschine), dann wird derjenige, der dieses Wissen geschickter nutzt, einen exorbitanten Wettbewerbgsvorteil haben.

Vor diesem Hintergrund ist Klout eine gute Fingerübung für den Umgang mit der Bewertung, Einordnung und Beschreibung von Kommunikationsprozessen und ein erster Versuch, automatisch Ableitungen 1. und 2. Grades zu bilden.

Schließlich sei auch noch auf den Blogpost (Vorsicht: Rant) der letzten Woche verweisen: Über die Ökumene der Aufmerksamkeitsverlierer.

Update:
Auch die Verlinkung dieses Artikels hier auf Facebook führte zu einem lesenswerten Diskurs.

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